Zwinkern schlägt Hupen – Kolumne von Thorsten Havener
Was tun, wenn mal wieder lauter „Armleuchter“ unterwegs sind…
Er ist einer der größten Entertainer Deutschlands und passionierter Experte unserer alltäglichen Körpersprache: Thorsten Havener hat in seinen 20 Jahren Bühnenerfahrung schon total überrumpelten Promis wie Stefan Raab oder Atze Schröder gesagt, wie ihre Bank-PIN lautet oder wohin ihre nächste Reise geht. Für Mobil in Deutschland hat er jetzt die Feder geschwungen und sich Gedanken darüber gemacht, warum man im Auto so gerne ausflippt und was die bessere Alternative zum Beschimpfen der anderen Verkehrsteilnehmer ist…
„Stellen Sie sich mal vor, Sie überqueren als Fußgänger eine Ampel. Weil Sie mit Ihrer Begleitung reden, laufen Sie einem entgegenkommenden Fußgänger in seine Bahn. Sie haben ihn im Eifer des Gesprächs nicht gesehen. Gewöhnlich schauen wir dem Angerempelten dann kurz in die Augen, lächeln, murmeln ein kurzes „Oh, Entschuldigung“. Der Andere schaut kurz zurück, erwidert: „Kein Ding“ und wir ziehen weiter des Weges…
Stellen wir uns dieselbe Szene doch mal im Auto sitzend vor. Sie reden mit Ihrem Beifahrer und im Eifer des Gefechts fahren Sie unbemerkt immer weiter auf die linke Spur bis Sie schließlich einen von hinten näherkommenden Autofahrer schneiden. Von wegen „Entschuldigung!“ und „Kein Ding!“. Die Reaktionen variieren zwischen einem schmallippigen Hupen und wüsten Beschimpfungen inklusive Vogelzeigen, Finger und Lichthupe. Warum wird unser Verhalten so viel emotionaler, sobald wir im Auto sitzen?
Ich glaube, es liegt daran, dass uns im Auto das Medium der Körpersprache zur Kommunikation ebenso genommen wird, wie die gesprochene Sprache. Wir müssen also übertriebener agieren, damit andere Autofahrer überhaupt mitbekommen, dass wir mit ihnen kommunizieren.
Hinzukommt: Es geht um Nähe und Distanz. Mit dem Auto überbrücken wir größere Distanzen. Und: Je größer ein Auto, desto größer der Raum, den wir damit beanspruchen. So drückt der Halter einer fetten Luxus-Karosse nicht nur aus, dass er Geld und Status hat, sondern auch, dass er seine individuelle Zone sehr weit ausdehnen kann, wenn er das will. Fakt ist: Ein Fahrer eines Nobelgefährts flippt eher aus, wenn bei Tempo 220 auf der Autobahn ein Auto vor ihm ausschert, als es der Fahrer eines VW Beetle bei 120 km/h tun wird.
Es gibt noch einen Grund, warum sich der Fahrer eines schnelleren Autos überlegen fühlt. Er kann aufgrund seines Wagens besser über die Zeit bestimmen, die er braucht um an sein Ziel zu kommen. Während ein VW Polo locker vier Stunden von München nach Frankfurt fährt, kann der Porschefahrer entscheiden, ob er in vier oder vielleicht doch lieber in zweieinhalb Stunden in Frankfurt ist. Der Porsche ist schneller, legt in derselben Zeit mehr Weg zurück, beansprucht also mehr Raum.
Soviel zum Fachwissen, was aber tun im Alltag? Da hilft uns die amerikanische Sozialpsychologin Amy Cuddy weiter. Sie hat in einem Experiment herausgefunden, dass sich unsere Körpersprache auf unsere Gedanken und emotionale Verfassung auswirkt. Im Klartext heißt das: Wenn ich gut gelaunt schaue, steigen meine Chancen extrem, dass ich auch gute Laune bekomme. Eine Tatsache, die wir beim Autofahren bestens für uns nutzen können. Anstatt also dem ‚Armleuchter’ hinterherzubrüllen, dass er doch besser aufpassen soll (was übrigens gar nichts bringt – er hört uns ja eh nicht…), können wir uns kurz selbst im Rückspiegel zuzwinkern. Das ist so doof, dass Sie über sich selbst lächeln müssen. Und in dem Moment, in dem Sie lächeln, können Sie nicht mehr sauer sein.“
DER KÖRPERSPRACHE-CODE. Die neue Havener-Show – nie hat Körpersprache mehr Spaß gemacht. Termine und Infos unter www.thorsten-havener.com