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Über ein Jahr, nachdem mehrere Klagen gegen die Landeshauptstadt München wegen der kurzfristig beschlossenen Dieselfahrverbote eingereicht wurden, hat das Bayerische Verwaltungsgericht endlich einen Termin zur Erörterung der vielen, teilweise sehr unterschiedlich gelagerten Fälle anberaumt. Am Montag, den 17. Juni 2024, waren neben mehreren Klägern wie Robert Brannekämper auch eine Vielzahl von Vertretern der Landeshauptstadt München an der Bayerstraße zugegen, um die Thematik in einer ersten Sitzung tiefer zu durchleuchten.
Die Kläger wurden vom Initiator der Klagen Dr. Michael Haberland vom Automobilclub Mobil in Deutschland e.V. als Experten für Mobilitätsfragen unterstützt. Demgegenüber war Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH), der die Stadt vor einigen Jahren auf „saubere Luft“ verklagt hatte, zur Verteidigung der von ihm initiierten Klagen angetreten.
Im Erörterungstermin selbst wurde erwartungsgemäß kein abschließendes Urteil gefällt. Dennoch kann ein klarer Teilerfolg für die Kritiker der Fahrverbote verbucht werden. Nachdem die Landeshauptstadt München schon nach Erhebung der Klagen gegen das Fahrverbot dessen Inkrafttreten für Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse 5 zunächst ausgesetzt hatte, haben die Vertreter der Stadt auf konkrete Nachfrage des Gerichts bestätigt, dass das Dieselfahrverbot auf der Grundlage der 8. Fortschreibung des Luftreinhalteplans nicht wieder ausgeweitet werden wird. Damit ist die Hälfte der betroffenen Dieselfahrer, die gegen das drohende Fahrverbot für Euro 5 Fahrzeuge geklagt haben, nun endgültig in ihrem Recht bestätigt worden. „Damit ist das drohende Fahrverbot für Euro-5-Fahrzeuge endgültig als positiv erledigt zu betrachten“, betont der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper, der selbst auch eine Klage eingereicht hatte.
Anders sieht es bei den Dieselbesitzern aus, die vom aktuell bestehenden Fahrverbot für Euro 4 Fahrzeuge betroffen sind. Denn das Verwaltungsgericht hat auch deutlich gemacht, dass es sich bei seiner Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Dieselfahrverbots in München nicht gegen das „obiter dictium“ des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 20.03.2024 stellen wird, wonach das derzeit geltende zonale Dieselfahrverbot für die Schadstoffklasse 4 weithin Bestand haben soll. Obwohl der Grenzwert von 40 μg/m³ im ganzen Stadtgebiet nur noch an zwei Messstellen und innerhalb der gut 80 km² großen Fahrverbotszone überhaupt nur noch an einer Messstelle geringfügig überschritten wird, kommt z.B. ein Ersetzen des zonalen Fahrverbots durch ein streckenbezogenes Fahrverbot in dem betroffenen Bereich aus Sicht der bayerischen Gerichte nicht in Betracht. Damit sind derzeit noch sieben unserer Kläger von dem zonalen Fahrverbot für Diesel Euro 4 betroffen. Dies gilt natürlich darüber hinaus auch noch für viele tausende Euro 4 Dieselfahrzeugbesitzer, die nicht geklagt hatten.
Da das Verwaltungsgerichts München aller Voraussicht nach der Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof folgen wird, muss die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit des zonalen Dieselfahrverbots angesichts der nur marginalen Überschreitung des Grenzwerts an nur einer Stelle der die ganze Innenstadt umfassenden Fahrverbotszone nach Einschätzung des Vertreters der Kläger durch das Bundesverwaltungsgericht angestrebt werden. Denn ein Fall, bei dem es um die Rechtmäßigkeit eines zonalen Dieselfahrverbots für ein Innenstadtgebiet auf einer Fläche von 80 km² ging, ist bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden worden. „Die Verhältnismäßigkeit des zonalen Dieselfahrverbots für die gesamte Münchener Innenstadt ist zwingend unter umfassender Würdigung der widerstreitenden Interessen höchstrichterlich zu prüfen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung in gerade einmal zwei Sätzen und damit in keiner Weise angemessen und ausreichend mit der Verhältnismäßigkeit des derzeit geltenden zonalen Dieselfahrverbots auseinandergesetzt“, so Dr. Claus-Peter Martens, Rechtsanwalt der klagenden Dieselfahrer.
Es kommt hinzu, dass nach der einschlägigen deutschen Rechtsnorm die Anordnung von Fahrverboten erst bei Überschreiten eines Wertes von 50 μg/m³ statthaft ist. Allerdings können Fahrverbote bei unionskonformer Auslegung der deutschen Norm grundsätzlich auch bei Überschreiten des in der EU Richtlinie festgelegten Stickstoffdioxidgrenzwerts von 40 μg/m³ angeordnet werden, soweit dies die einzige Möglichkeit darstellt, den letztgenannten Grenzwert einzuhalten. Dies erfordert aber eine konkrete Prüfung insbesondere der Verhältnismäßigkeit des zonalen Fahrverbots. Diese Prüfung ist bislang allerdings unterblieben.
Auch andere Maßnahmen wurden gar nicht erörtert bzw. geprüft. Dr. Michael Haberland vom Automobilclub Mobil in Deutschland e.V. weist beispielsweise auf die Verwendung des neuen non-fossilen Dieselkraftstoffs HVO100 für alle städtischen Fahrzeuge hin, die zu einer deutlichen Absenkung der Stickoxidwerte führen können: „Verbote sind nicht die Lösung. Wir brauchen Angebote und genau so ein Angebot gibt es seit kurzem auch in München: Einen Dieselkraftstoff, der bis zu 90 Prozent weniger CO2-Emissionen gegenüber herkömmlichem Diesel aufweist und gleichzeitig auch eine Reduktion der Feinstaub- und Stickoxidemissionen. Daher: HVO100 tanken anstatt Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu erlassen.“ Es bleibt also spannend, wie es weitergeht.
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