- Die Mobilität in einer Stadt wie München muss sich an der Realität orientieren.
- Betrachtung der zurückgelegten Wege wichtig: Personenkilometer, die tatsächlich mit dem einzelnen Verkehrsträger zurückgelegt werden.
- 58 Prozent der Personenkilometer in München werden mit dem Auto zurückgelegt
Neue Studie zur Verkehrsleistung der Verkehrsträger in München: 58% Auto, 39% ÖPNV und 3% Fahrrad
München ist im Fahrradfieber. Es wird aller Orten in der Stadt umgebaut. Ganze Fahrspuren werden in Fahrwege umgewandelt und Parkplätze großräumig rückgebaut. Bis Ende 2020 könnten so 2.000 Parkplätze in München wegfallen. Zu Recht? Hat sich die Mobilität der Menschen so verändert und ist der Wunsch nach dem Fahrrad so viel größer geworden? Diese Fragen sind in München weder jemals vom Oberbürgermeister noch von der SPD oder den Grünen gestellt worden. Sie sind aber die wichtigsten Fragen überhaupt. Denn politische Entscheidungen zur Mobilität brauchen eine rechnerische Grundlage und dürfen nicht aus dem Bauch heraus gefällt werden. Nur, weil es vielleicht schön klingt. Die Mobilität einer Stadt muss sich an der Realität orientieren.
Mobil in Deutschland e.V. ist als in München ansässiger Verkehrsverein und Automobilclub diesen Fragen nachgegangen und hat sich diese Hausaufgabe der Stadt München zu Eigen gemacht. Dabei können die Ergebnisse auch für andere Städte genutzt werden, die einen ähnlichen Mobilitätsmix vorweisen.
München hat bis zum Ende des Jahres 2019 720.000 zugelassene PKWs. 75 Prozent davon in privater Zulassung. 25 Prozent sind Firmenzulassungen. Jedes Jahr wächst der Fahrzeugbestand in München um ein weiteres Prozent. Das durchschnittliche Alter der Autobesitzer beträgt in München übrigens 52 Jahre. 36,5 Prozent Frauen, 63,5 Prozent Männer. Rund jeder zweite Münchner ist somit im Besitz eines Autos, mit dem er im Schnitt 13.700 km im Jahr zurücklegt.
Die Verkehrsleistungen der wichtigsten Verkehrsträger in München
In einer Stadt wie München gibt es drei Hauptverkehrsträger, um dem Mobilitätswunsch der Menschen gerecht zu werden: Den Öffentlichen Nahverkehr, das Auto und das Fahrrad.
Um zu berechnen, wie hoch die tatsächliche Verkehrsleistung dieser Verkehrsträger ist, muss man wissen, wie lange, wie viele Kilometer und mit welchem Verkehrsmittel Menschen in einer Stadt unterwegs sind. Es gilt, den Anteil der Verkehrsmittel am Gesamtverkehrsaufkommen mithilfe der Betrachtung der zurückgelegten Wege festzustellen. Also die Personenkilometer, die tatsächlich mit den einzelnen Verkehrsträgern zurückgelegt werden.
Insgesamt kommen wir dabei in München jährlich auf eine tatsächliche Gesamtverkehrsleistung der Verkehrsträger von 19 Mrd. Personenkilometern.
Verkehrsleistung „Auto“
Laut Kraftfahrt-Bundesamt beträgt die exakte durchschnittliche Fahrleistung in Deutschland derzeit 13.700 km pro PKW. Ins Büro, in die Werkfabrik, zum Einkaufen, zum Arzt, in die Schule, zum Kindergarten, ins Theater, zu einem Sonntagsausflug oder in den Urlaub. Gründe gibt es viele, um sich mit dem Auto fortzubewegen. Wir gehen daher von 10.000 Fahrzeugkilometern für jedes der 720.000 Fahrzeuge in München aus, die tatsächlich im Stadtgebiet erbracht werden. Das sind dann 7,2 Mrd. Fahrzeugkilometer per anno.
Hinzu kommt, dass jedes Fahrzeug in München durchschnittlich mit 1,3 Personen besetzt ist. Das hat eine aktuelle Zählung des Clubs Mobil in Deutschland e.V. im Sommer und Herbst 2019 ergeben. Dazu wurden über 50.000 Fahrzeuge an unterschiedlichen Tagen, Zeiten und Orten in München betrachtet und die Insassen gezählt. In Summe werden mit den in München zugelassenen 720.000 Fahrzeugen somit 9,4 Mrd. Personenkilometer pro Jahr zurückgelegt.
Zudem ist München Pendlerstadt Nr. 1 in Deutschland. Rund 400.000 Pendler fahren tagtäglich in das Stadtgebiet zur Arbeit und zurück – 68 Prozent davon mit dem Auto. Geht man dabei von durchschnittlich 200 Werktagen im Jahr und etwa 15 Kilometern je Hin- und Rückfahrt aus, die im Stadtgebiet im Durchschnitt zurückgelegt werden, macht das weitere 1,6 Mrd. Personenkilometer.
Somit kommt der Verkehrsträger „Auto“ in München auf eine Verkehrsleistung von insgesamt 11 Mrd. Personenkilometer pro Jahr (9,4 Mrd. + 1,6 Mrd. Personenkilometer).
Verkehrsleistung Öffentlicher Nahverkehr („ÖPNV“)
Demgegenüber stehen 7,5 Mrd. Personenkilometer pro Jahr beim Öffentlichen Nahverkehr laut Angaben der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV). Zum ÖPNV zählen dabei unter anderem U-Bahn, S-Bahn, Bus und Tram.
Verkehrsleistung „Radverkehr“
Der dritte Verkehrsträger in München ist das Fahrrad. Beim Radverkehr rechnen wir mit 200.000 Radfahrern am Tag bei 250 Tagen im Jahr und durchschnittlich 10 zurückgelegten Kilometern pro Tag. Insgesamt macht der Verkehrsträger Fahrrad damit 500 Mio. Personenkilometer im Jahr aus.
Fazit Verkehrsträger München
In Summe werden in München pro Jahr rund 19 Mrd. Personenkilometer durch die Verkehrsträger Auto, ÖPNV und Fahrrad zurückgelegt. 58 Prozent des Verkehrs, d.h. 11 Mrd. Personenkilometer im Jahr, werden dabei alleine durch das Auto erbracht. Auf den öffentlichen Nahverkehr entfällt mit 7,5 Mrd. Personenkilometer ein Anteil von 39 Prozent und auf den Radverkehr knapp 3 Prozent, d.h. 500 Millionen Personenkilometer pro Jahr. Das ist die tatsächliche Verkehrsleistung der wichtigsten Verkehrsträger in einer Stadt wie München.
Das Auto ist damit der Verkehrsträger Nr. 1 in München. Mit Abstand. Es ist die bequemste Art, sich fortzubewegen. Die Menschen organisieren ihr Leben und ihre Mobilität nach Funktionalität, Machbarkeit, Zeitersparnis und Wohlbefinden. Eine freie Entscheidung für Individualität. Dennoch wird heutzutage viel Politik gegen das Auto betrieben und der Platz für Fahrzeuge im urbanen Raum konsequent minimiert.
Mobil in Deutschland e.V. fordert die Stadt München auf, sich diesen Gegebenheiten zu stellen und ihre Verkehrspolitik grundlegend zu ändern. Orientiert an Fakten und nicht an Erwünschtheit. Radverkehr ist wichtig und im Rahmen der Umwelt- und Klimadiskussion absolut berechtigt. Aber die Autofahrer der Stadt Millionen Stunden in den Stau zu zwingen, ihnen wertvolle Freizeit und Lebenszeit zu nehmen und gerade ältere Menschen und junge Familien abzuhängen, ist sicher nicht der richtige Weg. In Städten, wo der Raum begrenzt ist, muss Verkehr unter die Erde verlegt werden, damit oben Platz entstehen kann. Das muss endlich auf die Tagesordnung in München und bei seinen Entscheidungsträgern. Andere Städte können das auch.
Dr. Michael Haberland, Präsident von Mobil in Deutschland e.V., setzt auf bedarfsgerechte Investitionen in die Infrastruktur: „München muss lebenswert sein und besser werden. Millionen Autofahrer zu schikanieren und einem Radverkehr, der als Verkehrsträger in der Stadt fast keine Rolle spielt, immer mehr Priorität einzurichten, ist sicher der falsche Weg. Infrastruktur braucht Investitionen und die müssen nach Nachfrage und Notwendigkeiten ausgerichtet werden. Das gilt für den ÖPNV, aber vor allem auch für den Autoverkehr, der in München seit Jahrzehnten stiefmütterlich behandelt wird. Es muss sich etwas ändern in dieser Stadt, die wie keine andere von den Autofahrern und der Autoindustrie lebt, aber anscheinend kein Herz für sie hat.“