Der 6. STÄDTE-STAU-CHECK: Deutschland verstaut
Auf dem Weg zur Arbeit: Autoschlangen. Ein Einkauf im Supermarkt in der Nachbarschaft: Autoschlangen. Das Kind von der KiTa abholen: Autoschlangen. Die „Verstauung“ unserer Städte nimmt zu. Besonders spürbar ist dieses Phänomen in den großen Städten. Steigende Zulassungszahlen und damit immer mehr Verkehrsteilnehmer kollidieren mit reduziertem Straßenraum und unzureichender Infrastruktur. Ist die Verlangsamung des Verkehrs vielleicht gewollt?
Zum sechsten Mal werten wir den TomTom Traffic Index aus und bewerten ihn für die Verkehrspolitik der Städte. Grundlage dieses Vergleichs ist das umfangreiche Datenmaterial des Navigationsgeräteherstellers TomTom. Den vollständigen Index für das Jahr 2016 finden Sie unter www.tomtom.com/trafficindex.
Insgesamt wurde die Verkehrsbelastung weltweit in 390 Städten gemessen. Für unseren Städte-Stau-Check haben wir wieder acht Städte ausgewählt und ausgewertet: Berlin, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart.
Wie immer haben wir uns gefragt, welche Städte Autofahrern besonders viel zumuten? Wo schafft man leistungsfähige Infrastruktur und fördert den Verkehrsfluss? Und wo betreibt man autofeindliche Politik mit schikanöser Mängelverwaltung und lässt Autofahrer im Stau stehen?
Dieses Ranking basiert auf dem TomTom Traffic-Index, der ausdrückt, wie sich die Fahrtzeit in einer Stadt aufgrund von Stau und Verkehr im Schnitt bei einer Fahrtdauer von 60 Minuten verändert.
Zur Wertung haben wir klassische Schulnoten verteilt: Die Note 1 hätte es bei einem Stau-Level von max. 18% gegeben. Note 2 gab es bis 21%, Note 3 bis 24%, Note 4 bis 27% und Note 5 bis 30%. Note 6 wurde bei einem Verkehrs-Index von 31% und größer vergeben.
Im Folgenden werfen wir einen genaueren Blick auf die Ergebnisse der einzelnen Städte:
STUTTGART 34%: Stuttgart ist auch 2016 eine der schlimmsten Staustädte der Republik. Die Stadt im Schwabenland belegt damit wiederum 1. Platz im Stau-Ranking und hat im Vergleich zum Vorjahr in Bezug auf das Stau-Level noch einmal zugelegt.
Ein Pendler, der am Tag einen 60-minütigen Arbeitsweg hat, braucht hier während der Rush-Hour 34 Minuten länger als bei fließendem Verkehr. Das sind aufs Jahr gerechnet rund 132 Stunden. Kein Wunder, dass die Abgaswerte in Stuttgart rapide zunehmen. Die Stadt will jetzt handeln und ältere Dieselfahrzeuge für den Stadtverkehr verbieten möchte. Denn Stau ist einer der Hauptgründe für höhere Abgaswerte und besonders im Kessel Stuttgarts sorgt dies für schlechte Luft. Die Verkehrspolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte bekommt man jetzt zu spüren. Die schlimmsten Stauzeiten sind in Stuttgart der Dienstagmorgen und Donnerstagabend. Top-Stautag 2016 war Dienstag, der 19. Juli.
KÖLN 34%: Die Stadt am Rhein zählt dieses Mal zu den großen Verlierern des Städte-Stau-Checks. Im Vergleich zum Vorjahr steigt das Stau-Level von Köln um ganze 4 Prozentpunkte. Hier verliert man im Schnitt sehr viel mehr Zeit auf den Straßen. Die Rhein-Metropole teilt sich damit Platz 1 mit Stuttgart und ist damit gleichauf mit der bisher ungeschlagenen Stau-Stadt Nr.1.
Die Haupt-Stauphasen sind in Köln der Mittwochmorgen und Donnerstagabend. Am Montagabend und Freitagmorgen dagegen geht es um einiges flüssiger voran. 34 Minuten muss ein Pendler bei insgesamt 60 Minuten Fahrzeit während der Rush-Hour durchschnittlich am Tag einbüßen. 130 Stunden Verzögerung fallen damit pro Jahr für einen Berufspendler an. Am Mittwoch, den 27. April 2016 wurde der Top-Stautag in Köln festgestellt.
HAMBURG 33%: Im letzten Jahr konnte sich die Hansestadt noch verbessern. 2016 verliert Hamburg jedoch ganze 3 Prozentpunkte im Stau-Level und belegt damit Platz 3. Nichts, worauf man stolz sein könnte. Da kann man nur hoffen, dass der Trend im kommenden Jahr wieder nach unten geht.
Ein Pendler, der täglich etwa 60 Minuten unterwegs ist, verliert im Mittel 30 Minuten und damit 116 Stunden im ganzen Jahr. Die Hauptstauzeiten sind Montag in der Früh und Freitagabend. Schlimmster Stautag war der 26. Mai 2016.
MÜNCHEN 30%: Die bayerische Landeshauptstadt knackt erstmals die 30%-Marke und bestätigt damit das tägliche Bild auf Münchens Straßen: Stau, soweit das Auge reicht. Tendenz steigend. Natürlich sind auch hier die Ursachen vielfältig. Ein fehlender Autobahnring ist vermutlich einer der entscheidenden Faktoren.
Höchstes Verkehrsaufkommen ist am Dienstagmorgen und Donnerstagabend. Ist man während der Rush Hour 60 Minuten unterwegs, verliert man 31 Minuten täglich. Das ist der gleiche Wert wie im Vorjahr. Aufs Jahr gerechnet muss ein Berufspendler daher mit 119 Stunden Verzögerung rechnen. Donnerstag, der 21. Juli 2016 war Stautag Nr. 1.
BERLIN 29%: Kaum Veränderungen in der Hauptstadt. Das Staulevel steigt um 1% und sichert sich damit wieder einen Platz im Mittelfeld. Am Donnerstagabend und Montagmorgen staut es sich hier weiterhin am meisten. Am Freitagmorgen sind die Straßen dagegen relativ frei. Zur Rush-Hour verliert ein Pendler durchschnittlich 28 Minuten täglich bei einer Stunde Fahrzeit und steht damit etwa 107 Stunden im Jahr im Stau. Top-Stautag war Mittwoch, der 6. Januar 2016.
FRANKFURT AM MAIN 28%: Nach leichten Verbesserungen in 2015 verschlechtert sich die Bankenmetropole um 2 Prozentpunkte. Auch hier staut es sich also um einiges mehr.
Die schlimmsten Stautage sind hier Dienstagmorgen und Donnerstagabend. Die besten Fahrzeiten dagegen sind freitags. Ein Pendler, der täglich etwa 60 Minuten zu den Stoßzeiten unterwegs ist, verliert im Mittel 31 Minuten und muss rund 119 Stunden Verzögerung pro Jahr miteinplanen. Top-Stautag 2016 war Dienstag, der 21. April.
DÜSSELDORF 24%: Düsseldorf erkämpft sich mit 24% weiterhin knapp die Note „Befriedigend“ und landet damit immerhin wieder einmal auf den besseren Plätzen unseres Städte-Rankings. Dennoch ist auch Düsseldorf leicht abgefallen und verliert um 1 Prozent gegenüber 2015.
Die meiste Geduld braucht man hier im Allgemeinen am Montagmorgen und Mittwochabend. Am besten geht’s dagegen am Freitag vorwärts. 24 Minuten verliert ein Berufspendler durchschnittlich täglich im Berufsverkehr bei einstündiger Fahrt und kommt damit pro Jahr auf 93 Stunden Verzögerung. Das höchste Verkehrsaufkommen wurde am Montag, den 7. März 2016 gemessen.
BREMEN 23%: Bremen ist zwar weiterhin die stauärmste Stadt in unserem Ranking, aber ist dennoch einer der Verlierer: eine Verschlechterung von 4 Prozentpunkten im Stau-Level. Damit schließt die Hansestadt zu Düsseldorf auf und muss beim kommenden Ranking um den Titel bangen. Liebe Bremer, wir hoffen, dass das Stau-Level 2016 nur eine Eintagsfliege ist!
Montag- und Dienstagmorgen und Freitagabend sind hier die Straßen am häufigsten verstopft. Im Vergleich zu den restlichen Städten des Vergleich, aber auf relativ niedrigem Niveau. 22 Minuten müssen Berufspendler täglich bei 60 Minuten Fahrzeit während der Rush-Hour einbüßen und vergeuden pro Jahr insgesamt 84 Stunden im Stau. Top-Stautag 2016 war Dienstag, der 5. Januar.
Unser Fazit:
Deutschland verstaut mehr und mehr. Alle Städte in unserem Ranking haben sich verschlechtert. Teilweise deutlich.
An der Spitze unseres Rankings stehen Stuttgart und Köln. Die Hauptstadt des Ländle gilt bereits seit Jahren als „Staustadt Deutschlands“, für Köln ist es das erste Mal. Glückwunsch! Es gibt also sehr viel Handlungsbedarf. Neben Köln ist auch Hamburg der große Verlierer in unserem sechsten Städte-Stau-Check. Mit einer Verschlechterung von 3 Prozentpunkten bewirbt sich Hamburg ebenfalls für die Krone – Platz 3. München, Berlin und Frankfurt pendeln immer noch im Mittelfeld. Hier gibt es kaum Veränderungen. Obwohl immer noch auf einem relativ guten Niveau, hat Bremen mächtig nachgelassen. Wenn der Abwärtstrend so weitergeht, müssen die Bremer ganz stark sein.
Gewinner gibt es in diesem Jahr nicht. Der Trend zu mehr Stau in Deutschlands Städten nimmt unaufhaltsam zu. Hier muss die Politik dringend handeln und in die Infrastruktur investieren.
Dr. Michael Haberland, Präsident des Automobilclubs Mobil in Deutschland e.V. nimmt wie folgt Stellung: „Leider beobachtet man in allen Städten ein zunehmendes Verkehrschaos. Stau ist aus dem alltäglichen Stadtbild nicht wegzudenken. Leider. Für Mobilität und funktionierende Infrastruktur muss eben auch etwas getan werden. Und das hat man in den letzten Jahren ganz einfach verschlafen. Stuttgart und Köln haben das wohl am wenigsten verstanden. Hier glaubt man mit Blitzern, Fahrverboten und restriktiven Umweltzonen die Verkehrs- und Stauprobleme zu lösen. Die reine Förderung des Radverkehrs in Städten ist ein Fehler, der sich jetzt rächt! Die Menschen wollen unabhängig, flexibel und schnell unterwegs sein. Das Auto darf nicht aus der Stadt verbannt werden. Nicht heute und auch nicht in 50 Jahren.“