Vierter Städte-Stau-Check 2014 – Die „Stuttgartisierung“ schreitet voran
Zum vierten Mal werten wir den TomTom Traffic Index aus und bewerten ihn für die Verkehrspolitik der Städte. Diese scheint immer schlechter zu werden, zumindest lassen die Stauzahlen darauf schließen. Grund dafür sind die nach wie vor zunehmenden Zulassungszahlen, d.h. die steigende Zahl von Verkehrsteilnehmern, aber auch der zunehmend reduzierte Straßenraum für Autofahrer und die oft nur unzureichend sanierte Infrastruktur.
Grundlage dieses Vergleichs ist das umfangreiche Datenmaterial des Navigationsgeräte-herstellers TomTom, der sogenannte TomTom Verkehrs-Index, der heute veröffentlicht wurde. Den vollständigen Index finden Sie unter www.tomtom.com/de_de/trafficindex. Diese Zahlen geben ein untrügerisches Bild der Verkehrssituation der Städte wider.
Das traurige Fazit der gesamten Untersuchung: Alle deutschen Städte haben sich verschlechtert. Überall müssen die Autofahrer länger im Stau verbringen. Die „Stuttgartisierung“ schreitet voran.
Wir haben uns gefragt, in welchen Städten mutet man Autofahrern besonders viel zu? Wo schafft man Infrastruktur, fördert den Verkehrsfluss und wo betreibt man schikanöse Mängelverwaltung und lässt Autofahrer im Stau stehen? Fragen, denen wir von Mobil in Deutschland e.V., Deutschlands jungem Automobilclub, in unserem Städte-Stau-Check auf den Grund gehen.
Insgesamt wurde die Verkehrsbelastung in mehr als 200 Städten weltweit gemessen. Acht davon haben wir für unseren Städte-Stau-Check verwendet und ausgewertet:
Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf und Bremen.
In welcher Stadt stehe ich am längsten im Stau? An welchen Wochentagen stockt der Verkehr am häufigsten? Wie viel Wartezeit kostet mich die Rush Hour? Auf all diese Fragen gibt der TomTom Verkehrs-Index Auskunft. Er ist ein äußerst genaues Barometer für weltweite Verkehrsbelastung im städtischen Raum, da er Fahrtzeiten auswertet, die auch wirklich von Fahrzeugen im gesamten Straßennetz erzielt wurden. Möglich macht das die Verkehrsdatenbank von TomTom, die mehr als sechs Trillionen Messungen gespeichert hat und zu der täglich mehr als fünf Milliarden hinzukommen.
Stau in den deutschen Städten nimmt leider immer mehr zu. Im Gegensatz zum Vorjahr konnte sich keine einzige Stadt verbessern. Hamburg und Köln haben sogar 4 Prozentpunkte beim allgemeinen Staulevel zugelegt, auch Stuttgart, Frankfurt am Main und Bremen ging es ebenfalls 3 Prozentpunkte hoch. München hat sich „nur“ um einen Prozentpunkt verschlechtert.
Im Detail sind folgende Ergebnisse in unseren 8 Städten erzielt worden:
DIE SCHLECHTESTEN DEUTSCHEN STAU-STÄDTE 2014 (2013):
1. Stuttgart | 32% | NOTE 6 | (2013: 29% Platz 1) ► |
1. Hamburg | 32% | NOTE 6 | (2013: 28% Platz 2) ▲ |
3. Köln | 29% | NOTE 5 | (2013: 25% Platz 5) ▲ |
4. Berlin | 28% | NOTE 5 | (2013: 27% Platz 3) ▼ |
5. München | 27% | NOTE 4 | (2013: 26% Platz 4) ▼ |
5. Frankfurt a.M. | 27% | NOTE 4 | (2013: 24% Platz 6) ▲ |
7. Düsseldorf | 21% | NOTE 2 | (2013: 19% Platz 7) ► |
8. Bremen | 20% | NOTE 2 | (2013: 17% Platz 8) ► |
Dieses Ranking basiert auf dem TomTom Verkehrs-Index, der ausdrückt, wie sich die Fahrtzeit in einer Stadt verkehrsbedingt im Durchschnitt verändert. In Stuttgart verlängert sich daher die Fahrtzeit im Durchschnitt um 32% gegenüber einem ungehindert fließenden Verkehr. In Hamburg ebenfalls um 32%, in Köln um 29% usw. Im Folgenden werfen wir einen genaueren Blick auf die einzelnen Städte und Ballungsgebiete (in Klammern wird der vorherige Wert aus 2013 aufgeführt):
STUTTGART – 32%: Die schlimmsten Stautage und Stauzeiten sind in Stuttgart der Dienstag-morgen und Donnerstagabend. Der Freitagmorgen dagegen ist in Stuttgart vergleichsweise stauarm. Ein Pendler, der täglich etwa 60 Minuten unterwegs ist, verliert im Mittel 22 Minuten. Aufs Jahr gerechnet muss ein Berufspendler, der einen 30-minütigen Anfahrtsweg hat, mit insgesamt 84 Stunden (80 Std. in 2013) Verzögerung rechnen. Stuttgart belegt damit erneut Platz 1 unseres Stau-Rankings und macht damit seinem Namen als Top-Stau-Stadt der Republik alle Ehre! NOTE 6
HAMBURG – 32%: Hamburgs Straßen verlangsamen sich deutlich. Mit einer Zunahme von ganzen 4 Prozentpunkten teilt sich der norddeutsche Stadtstaat nun mit Stuttgart den ersten Platz des Städte-Stau-Checks. Am längsten steht man in der Hafenstadt am Montagmorgen und Donnerstagabend im Stau. Am zügigsten geht es am Freitagmorgen und Montagabend voran. Während der Rush-Hour verliert ein Pendler bei 60 Minuten Fahrzeit durchschnittlich 20 Minuten durch Stau. Aufs Jahr gerechnet muss ein Berufspendler mit 78 Stunden (73 Std. in 2013) Verzögerung rechnen. NOTE 6
KÖLN – 29%: Köln ist der große Verlierer in unserem Städte-Stau-Check 2014. Ganze 4 Prozentpunkte ging es abwärts. Die Haupt-Stauphasen sind hier der Donnerstagabend und Montagmorgen. Am Montagabend und Freitagmorgen dagegen fließt der Verkehr. 21 Minuten muss ein Pendler bei 60 Minuten Fahrzeit während der Rush-Hour durchschnittlich einbüßen. 80 Stunden (71 Std.) Verzögerung fallen damit pro Jahr für einen Berufspendler an. NOTE 5
BERLIN – 28%: Am Donnerstagabend und Montagmorgen staut es sich in Berlin am meisten. Am Freitagmorgen dagegen sind die Straßen relativ frei. Zur Rush-Hour verliert ein Pendler im Mittel 19 Minuten täglich bei einer Stunde Fahrzeit und steht jährlich etwa 73 Stunden (71 Std.) im Stau. Immerhin hat sich auch Berlin um einen Prozentpunkt zu 2013 verschlechtert und bleibt mit 28 % auf einem stauträchtigen hohen Niveau. NOTE 5
MÜNCHEN – 27%: In München steht man am Mittwochabend und Dienstagmorgen am häufigsten im Stau. Am zügigsten kommt man dagegen am Freitagmorgen und Freitagabend voran. Ist man während der Rush Hour 1 Stunde unterwegs, verliert man 20 Minuten täglich. Aufs Jahr gerechnet muss ein Berufspendler mit 76 Stunden (73 Std.) Verzögerung rechnen. München verschlechtert sich ebenfalls um einen Prozentpunkt, kann aber trotzdem im Ranking einen Platz gut machen. NOTE 4
FRANKFURT AM MAIN – 27%: Frankfurt hat sich vor allem beim innerstädtischen Verkehr stark verlangsamt. Drei Prozentpunkte hat sich die Mainmetropole verschlechtert. Die schlimmsten Stautage sind hier der Donnerstagabend und Dienstag- und Mittwochmorgen. Die besten Fahrzeiten dagegen sind freitags. Ein Pendler, der täglich etwa 60 Minuten unterwegs ist, verliert im Mittel 20 Minuten und muss rund 78 Stunden (71 Std.) Verzögerung pro Jahr miteinplanen. NOTE 4
DÜSSELDORF – 21%: Die meiste Geduld braucht man hier im Allgemeinen am Mittwoch und am Dienstagmorgen. Am besten geht’s dagegen am Freitagmorgen und am Montagabend vorwärts. 17 Minuten verliert ein Berufspendler durchschnittlich täglich im Berufsverkehr bei einstündiger Fahrt und kommt pro Jahr auf 65 Stunden (65 Std.) Verzögerung. NOTE 2
BREMEN – 20%: Bremen ist weiterhin die stauärmste Stadt in diesem Vergleich. Mittwochabend und Montagmorgen sind hier die Straßen am häufigsten verstopft. Am Freitagmorgen und Montagabend dagegen fließt der Verkehr. 15 Minuten müssen Berufspendler täglich bei 60 Minuten Fahrzeit während der Rush-Hour durchschnittlich einbüßen und vergeuden pro Jahr insgesamt 58 Stunden (48 Std.) im Stau. NOTE 2
Die Wertung von Mobil in Deutschland e.V:
Die Note 1 hätte es bei einem Stau-Level von max. 18% gegeben. Leider konnte keine Stadt diese Marke unterschreiten. Note 2 gab es bis 21%, Note 3 bis 24%, Note 4 bis 27% und Note 5 bis 30%. Note 6 wurde bei einem Verkehrs-Index von 31% und größer vergeben.
Bremen ist erneut stauärmste Stadt im Test und konnte noch mit einer Note „2“ überzeugen. Auch Düsseldorf hält sich ganz gut. Frankfurt und München liegen mit je 27% gut im Mittelfeld bei allerdings niedrigem Niveau. Berlin und Köln haben mittlerweile durchaus Handlungsbedarf. Schlusslicht unseres vierten Städte-Stau-Checks ist und bleibt aberStuttgart und kann sich damit weiterhin den Titel als „Autounfreundlichste Stadt Deutschlands“ sichern. Die Schwaben haben bereits 2012 und 2013 bei unserem Städte-Stau-Check am schlechtesten abgeschnitten. Neu: Hamburg bewirbt sich in diesem Jahr ebenfalls um diesen Titel.
Dr. Michael Haberland, Präsident des Automobilclubs Mobil in Deutschland e.V. weiß genau, wo es bei der Stadt im Schwabenland hakt: „In Stuttgart betreibt man absichtlich eine Anti-Auto-Politik und das zeigt sich jetzt in Zahlen. Dort hat man immer noch nicht verstanden, dass man Verkehrs- und Stauprobleme nicht mit Blitzern und restriktiven Umweltzonen lösen kann. Die exzessive Förderung des Fahrradverkehrs wird den fehlenden Autobahnring um die Stadt nicht ersetzen können. Die „Stuttgartisierung“ schreitet voran und die Autofahrer müssen es ausbaden, wo doch jeder weiß, dass Stau nicht nur Zeit und Geld kostet, sondern auch äußerst umweltfeindlich ist und für schlechte Luft sorgt.“
Stau steht nicht nur in Deutschland ganz oben auf der Tagesordnung, in unseren europäischen Nachbarländern sieht es um einiges schlimmer aus. Hier ist die Verkehrsbelastung noch heftiger. In Europa ist Lodz in Polen die Nummer 1 der Stau-Städte: Hier ist die Fahrzeit verkehrsbedingt um 56% länger, in den abendlichen Hauptverkehrszeiten sogar um bis zu 102% länger. Moskau, St. Petersburg und Palermo „glänzen“ mit ähnlichen Rekordzahlen. Bringen Sie also viel Geduld mit, wenn Sie demnächst in eine dieser Städte mit dem Auto fahren wollen.