Deutschlands erster Fernbus-Atlas 2013
Konkurrenz von Billigfliegern am Himmel hat die Bahn schon länger. Seit Anfang des Jahres haben Reisende auch zu Lande neue Alternativen, wenn sie für längere Strecken nicht das Auto nehmen wollen. Fernbusse, per Gesetz über 70 Jahre ausgebremst, haben jetzt bundesweit freie Fahrt bekommen. Und die Busunternehmen nutzen diese Chance. Seit der Marktöffnung zieht das Linienangebot im Fernbusverkehr spürbar an. Ständig steigen neue Unterneh-men in den Fernbusverkehr ein, bereits gestartete Fernbusse erhöhen ihre Linien, locken mit besonders tollen Schnäppchenpreisen. Doch lohnt es sich tatsächlich auf den Bus umzusteigen?
Mobil in Deutschland e.V., Deutschlands junger und neuer Automobilclub hat die ersten, großen Fernbuslinien unter die Lupe genommen. MeinFernbus, DeinBus, Deutsche Touring, BerlinLinienBus, Flixbus, City2City und Aldi-Fernbus haben wir miteinander verglichen. Dabei interessierte uns, seit wann es diese Unternehmen gibt und wer dahinter steckt. Außerdem interessierte uns die Größe der Fernbusanbieter. Heißt: Wie viele Linien mit wie vielen Haltestellen sind im Angebot? Wie viele Busse sind im Einsatz? Auch interessierte uns die Frage: Wie oft bedienen die Busse die angebotenen Linien? Dies versuchen wir mit dem Kriterium „Abfahrten pro Woche“ numerisch zu fassen.
Doch nicht nur das Streckennetz ist unserer Meinung nach bei der Wahl eines Fernbusanbieters wichtig, auch die Sicherheit und der Komfort einer Linie sind von Bedeutung. Daher haben wir nachgefragt, wie alt die einge-setzten Busse im Durchschnitt sind, wie groß ihr Sitzabstand ist und welcher Service an Bord geboten wird. Gibt es etwa kostenlos W-Lan in dem Bus? Kann man Getränke und Snacks während der Fahrt käuflich erwerben?
Interessant ist auch, wie bei den einzelnen Fernbus-Anbietern der Ticketkauf abgewickelt wird. Kann man Tickets online reservieren und ausdrucken? Wenn ja, wie lange dauert so eine Buchung? Heißt: Wie viele Klicks muss ich tätigen, bis ich alle benötigten Informationen eingegeben und die Buchung letztendlich abgeschlossen habe? Und welche anderen Kaufmöglichkeiten gibt es? Gibt es eine Hotline, über die man buchen kann? Oder kauft man seinen Fahrschein in Reisebüros, an Automaten oder erst direkt im Bus?
Natürlich haben wir bei unserem Vergleich auch Probebuchungen im Internet durchgeführt. Damit wollten wir testen, ob eine Fahrt mit dem Fernbus tatsächlich günstig ist. Dafür buchten wir online pro Fernbus zwei große, wichtige Routen und errechneten aus der Kilometerzahl und dem Ticketpreis den durchschnittlichen Preis pro Kilometer. Den Preis haben wir doppelt bewertet, da dieser unserer Meinung nach bei der Buchung eine ausschlaggebende Rolle spielt.
Weiter wollten wir wissen, ob Tickets auch stornier- und umbuchbar sind und wie viel das kostet. Zu guter Letzt notierten wir noch, wie viele Gepäckstücke kostenfrei sind, was ein Gepäck kostet, ob es Kinderermäßigung gibt, und ob Fahrräder und Tiere an Bord erlaubt sind.
Die Ergebnisse haben wir dann in Form von Schulnoten bewertet. Heißt: Das beste Ergebnis bekommt Note 1, das schlechteste Note 5 oder 6.
Das Resultat: Beim großen „Mobil in Deutschland“-Fernbus-Vergleich schnitten Flixbus, MeinFernbus und BerlinLinienBus am besten ab.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Fernbusse eine interessante Alternative für Reisende sind, die Geld sparen wollen und etwas Zeit mitnehmen. Denn mit einem durchschnittlichen Kilometerpreis im Normaltarif zwischen 6 und 11 Cent sind Fernbusse ein besonders günstiges Transportmittel im Vergleich zum Auto, Flugzeug oder zur Bahn. „Selbstverständlich ist der Preis eines der Hauptkriterien, wenn es um die Wahl des Verkehrsmittels geht – und da kann der Fernbus punkten“, so Anna Natascha Hantke vom Internationalen Bustouristik Verband RDA. „Durch seine niedrigen Fixkosten kann er Bahn, Flugzeug und Auto schlagen. Trotzdem hat der Fernlinienbus auch noch mehr zu bieten: Komfort (Sitzplatzgarantie, Stauraum für Gepäck), Flexibilität (unabhängig von Gleisen und Slots), Service (ansprechbarer Fahrer) und stressfreieres Reisen (weniger Umstiege).“
Kein Wunder also, dass die Prognosen für Fernbus-Fahrten ziemlich gut stehen. „Ein Anteil von bis zu zehn Prozent am gesamten Verkehrsaufkommen ist hier langfristig möglich,“ prognostiziert Christoph Gipp, Bereichsleiter Mobilität am IGES Institut. Und es könnte noch steiler mit dieser Reise-Alternative bergauf gehen, wenn Startschwierigkeiten aus dem Weg geräumt werden. So mangelt es teilweise noch an leicht erreichbaren Haltepunkte und Busbahnhöfen sowie an den perfekten Anbindungen an andere Verkehrsmittel. Außerdem müsste irgendwann die Reglementierung durch die Landesbehörden fallen, dass für Fernbus-Haltestellen ein Mindestabstand von 50 Kilometern gilt.
Für Pendler und Geschäftsleute sind Fernbusse damit noch nicht attraktiv genug. „Preissensible PKW-Nutzer“ dagegen, denen eine Mitfahrzentrale nicht verlässlich genug ist oder ihr Auto wegen hoher Spritprise schlicht zu teuer, können getrost schon jetzt umsteigen. Denn: Wer terminlich flexibel ist, kann schon jetzt und wird auch in Zukunft mit dem Fernbus sehr günstig reisen können.
Dazu Dr. Michael Haberland und Ralf Baumeister, die beiden Vorstände und Reiseexperten von Mobil in Deutschland e.V.:
„Zurück in die Zukunft, wer hätte das gedacht! Nachdem sich gerade das moderne Carsharing neu in der deutschen Mobilitätslandschaft etabliert hat, feiert nun der Fernbus das Comeback des Jahres 2013! Und was für Eines! Heute vergeht nun kaum eine Woche, in der nicht neue Routen bekannt gegeben werden, neue Anbieter auf den Markt kommen oder verkünden dies bald tun zu wollen. Und dies scheint erst der Anfang zu sein, wenn man sich die rasend schnell verändernde Fernbus-Landschaft anschaut. Natürlich wird es sehr interessant bleiben, ob sich diese Form des Reisens auf lange Sicht etablieren wird. Können die Anbieter langfristig profitable Verbindungen anbieten? Wie wird die Bahn auf den neuen Wettbewerber reagieren? Was geschieht, wenn die unnütze Luftverkehrssteuer auf Flugtickets hoffentlich bald wieder verschwindet? Eines ist sicher, mehr Wettbewerb bereichert die Möglichkeiten des Reisens. Der Fernbus ist eine neue, zusätzliche Alternative, die aus unserer Sicht ihre Anhänger finden wird. Bei ihnen wird nicht unbedingt die Reisezeit das ausschlaggebende Kriterium für die Wahl des Verkehrsmittels sein, wenn es aber um die Höhe des Reisebudgets geht, wird der Fernbus für jene eine attraktive Reisemöglichkeit sein!“