Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer (CSU) im Gespräch mit Mobil in Deutschland e.V.
Er wundert sich über die Einführung von E10, will keinen zähflüssigen „Kaugummi“-Verkehr in deutschen Städten, kämpft um den Erhalt der Straßen, setzt ein Zeichen gegen die Verhinderungspolitik der Grünen und gesteht, was für eine enorme Herausforderung die Aschewolke für ihn war. Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer spricht im Interview mit Mobil in Deutschland Klartext.
Baden-Württemberg hat einen grünen Ministerpräsident. Die Grünen wollen ein bundesweites Tempolimit. Ist es möglich, dass in ganz Baden-Württemberg ein Tempolimit auf Autobahnen eingeführt wird und das von der Landesregierung alleine entschieden werden kann, oder ist das Bundesangelegenheit und ohne den Bundesverkehrsminister nicht machbar?
Ich will Mobilität ermöglichen und nicht verhindern. Ein generelles Tempolimit auf Bundesautobahnen wird es deshalb nicht geben. Schon jetzt gelten auf knapp 40 % der rund 12.800 Autobahnkilometer dauerhafte oder temporäre Geschwindigkeitsbegrenzungen, welche die Länder aus Gründen der Verkehrssicherheit auf bestimmten Strecken anordnen können. Die deutschen Autobahnen gehören mit dieser Regelung zu den sichersten Straßen der Welt. Auch ein generelles Tempo 30 in geschlossenen Ortschaften, wie es manche in Berlin einführen wollen, halte ich nicht für angemessen. Der Verkehr würde sich zäh wie Kaugummi dahinziehen.
Bei der Diskussion um Tempo 30 in den Städten spalten sich die Gemüter. Ist Mobilität vor allem in Städten mittlerweile eine Glaubensfrage?
Wir haben bereits im Koalitionsvertrag festgelegt, dass es keine generellen innerstädtischen Fahrverbote geben wird. Wir lehnen zusätzliche Einschränkungen oder Belastungen für die Autofahrer ab. Jedem sollte es möglich sein, mit dem Auto zum Einkaufen oder zur Arbeit in die Innenstädte zu fahren, auch um Kaufkraft zugunsten des Einzelhandels zu erhalten. Um die Innenstädte von Lärm und Abgasen zu entlasten, brauchen wir keine Fahrverbote, sondern neben dem Individualverkehr einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr und umweltfreundlichere Fahrzeuge. Deshalb fördern wir mit aller Kraft die Elektromobilität als klimaschonende Art der Fortbewegung – gerade in unseren Städten.
Die Grünen haben sich als „Dagegen-Partei“ vor allem bei großen Verkehrsprojekten einen Namen gemacht: Stuttgart 21, Olympia München 2018 oder generell neue Autobahnen und Straßen. Kann man so Zukunft gestalten?
Die Verkehrsinfrastruktur ist das Rückgrat unserer Volkswirtschaft. Wir brauchen deshalb eine Dafür-Mentalität. Für Wachstum. Für Arbeitsplätze. Für Mobilität. Für Verlässlichkeit und Kontinuität – vor allem bei Großprojekten, die enorme Investitionen und einen langen Vorlauf verlangen. Für Stuttgart 21 gilt: Die Grünen haben sich an die Spitze der Protestbewegung gestellt. Die SPD hat das Projekt immer befürwortet. Ich bin gespannt, wer in dieser Frage Koch und wer Kellner sein wird.
Welche deutschen Verkehrsprojekte müssen schnellstens umgesetzt werden?
Wir müssen uns in den nächsten Jahren in erster Linie um den Erhalt unserer Straßen kümmern. Hier ist der Handlungsbedarf enorm, weil im vergangenen Jahrzehnt zu wenig in den Erhalt investiert worden ist. Straßen dürfen nicht auf Verschleiß gefahren werden. Wir haben die Mittel für die Erhaltungsmaßnahmen der Autobahnen und Bundesstraßen deshalb erhöht – auf rund 2,2 Milliarden Euro in diesem Jahr. natürlich werden wir, wenn möglich, auch notwendige Aus- und Neubauprojekte anpacken. Das alles kostet allerdings viel Geld. Deswegen kämpfe ich dafür, die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur auf hohem Niveau zu erhalten. Zudem gehen wir mit unseren öffentlich-privaten Partnerschaften neue Wege.
Mit E10 herrscht allerorten große Verunsicherung. Was kann man tun, um hier ein wenig Klarheit in das Informationsdickicht zu bekommen?
Bei E 10 sind Mineralölwirtschaft und Autohersteller in der Pflicht, weiter aufzuklären und Sicherheit zu geben. Nur so kann man den Autofahrern ihre berechtigten Sorgen nehmen. Wenn es darum geht, neue Hochleistungskraftstoffe einzuführen, investiert die Mineralölwirtschaft viel Geld für Kampagnen. Bei der Einführung von E 10 tut sie dies nicht, da kann man sich eigentlich nur wundern.
Sie sind jetzt seit gut eineinhalb Jahren im Amt. Was war ihre intensivste Erfahrung?
Meine intensivste Erfahrung war die Vulkanaschewolke vor genau einem Jahr. Eine nie dagewesen Herausforderung und ein Präzedenzfall, der schwierige Entscheidungen in kürzester Zeit erforderte. Dauertelefonate und zähe Verhandlungen mit meinen europäischen Amtskollegen, die übrigens immer noch andauern. Seit der Aschekrise setze ich mich auf europäischer Ebene für einheitliche, international verbindliche Grenzwerte ein, bis zu denen Flugzeuge gefahrlos fliegen können. Hier hat die EU-Kommission noch zu wenig getan.