Blitzerland Deutschland: Blitzatlas 2012 für München und Berlin
Es blitzt und blitzt und blitzt. Mehr als 350.000 Mal blitzte es am ersten Juliwochenende über Deutschland. Normal ist im Juli und August, dass es um die 100.000 Mal an einem Unwetter-Tag funkt.
Ein richtiger Blitz-Sommer sei das dieses Jahr, sagen die Meteorologen.
Blitz-Deutschland. Dieses Phänomen gibt es nicht nur am Himmel, sondern auch auf deutschen Straßen. Aus Sicherheitsgründen müsse man immer wieder die Geschwindigkeit massiv kontrollieren, verteidigt die Polizei das Aufstellen von mobilen Radarfallen. Schließlich, so heißt es dann weiter, werden Radarkontrollen in Deutschland dort gemacht, wo sie Unfälle verhindern können. Doch: Stimmt das wirklich? Wird in Deutschland sinnfrei oder sinnvoll geblitzt? Mobil in Deutschland hat die Antwort: Mit seinem großen Blitzatlas 2012.
Schon zum sechsten Mal listet Mobil in Deutschland die häufigsten Radarfallen für München auf. Dieses Jahr hat sich der neue Automobilclub auch die Radarfallen in Berlin zur Brust genommen und sie nach ihrer Berechtigung bewertet. Dabei stellte man sich die Frage: Sind die mobilen Radarkontrollen in München & Berlin gerechtfertigt? Werden sie dort installiert, wo vermehrt Unfälle passieren, wo Schulbusse halten, Kindergärten sind, Familien wohnen? Oder wird vielmehr auf breiten, gut ausgebauten, mindestens zweispurigen Straßen geblitzt, die geradezu verführen, um zügig im Verkehrsfluss mitzuschwimmen? Wollen die Polizei und die Städte München und Berlin also ihre Verkehrsteilnehmer schützen oder mit ihrem Geld die Kassen füllen? Ist die Blitzpraxis in München und Berlin „voll okay“ – oder „total daneben“?
Die Entstehung des Blitzatlas
Der Verein Mobil in Deutschland e.V. hat vom 20. April bis 27. Mai mit Hilfe des Radiosenders StarFM und der Internetseite www.blitzer.de alle Blitzmeldungen in Berlin aufgelistet. In München notierten die Radiosender Charivari 95,5, 2DAY, Arabella und Gong vom 16. April bis 27. Mai alle Blitzmeldungen, die bei ihnen eingingen, und stellten diese Daten für den Blitzatlas zur Verfügung.
Anzahl der Blitzmeldungen
Der Blitzatlas von Mobil in Deutschland ist stets eine Erhebung von mobilen Blitzern. Festinstallierte Blitzer sind hier nicht erfasst. Berücksichtigt man nun noch Doppelmeldungen kommt man zu folgendem Ergebnis:
pro Tag 48 Mal
pro Woche 339 Mal
pro Monat 1472 Mal und
17659 Mal pro Jahr geblitzt.
pro Tag 19 Mal (22 Mal 2009)
pro Woche 135 Mal (155 Mal 2009)
pro Monat 585 Mal (700 Mal 2009)
7022 Mal pro Jahr (8000 Mal 2009)
Die Radiosender
In Berlin ist StarFM einer der Radiosender mit den besten und meisten Blitzmeldungen. StarFM war deshalb auch Kooperationspartner bei der Erstellung des Blitzatlas. Es wurden in Summe 1004 Meldungen für Berlin ausgewertet.
In München ist Radio 2Day mit rund 70% aller Radarmeldungen an der Spitze, gefolgt von Radio Gong mit 50%, Charivari 95,5 mit 46% und Radio Arabella mit 15%. Gewertet wurden nur Meldungen aus dem Stadtgebiet. Es wurden in Summe 1470 Meldungen für München ausgewertet. Insgesamt, soviel kann man sagen, ist das über alle Sender konsolidierte Datenmaterial sehr zuverlässig und aussagekräftig. Alle Sender machen einen großartigen Job.
Die Auswertung
Wo werden Radarfallen installiert? Dort, wo Unfälle passieren oder eher dort, wo kaum Gefahren drohen, aber gnadenlos abkassiert werden kann? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, stellten wir die Hörer-Meldungen der Radiosender sowie die Erfassung der Blitzmeldungen im Internet der Unfallstatistik der TOP 10 Unfallstraßen der Polizei Berlin und Polizei München aus gegenüber. Hieraus bildeten wir eine Schnittmenge, die im Idealfall eine komplette Überschneidung ergeben müsste.
Die Top-Blitzmeilen & Top-Unfallstraßen für München
In München wird am meisten auf der Wasserburger Landstraße geblitzt. Hochgerechnet auf das Jahr klickt hier 160 Mal die Radarfalle. Ihr folgen die Ingolstädter Straße und die Schleißheimer Straße mit jeweils 150 Blitzern, die Fürstenrieder Straße mit 140, die Grünwalder Straße und die Landshuter Alle mit jeweils 130 Blitzern, die Oberföhringer Straße mit 120 sowie die Allacher, die Claudius-Keller-Straße und die Menzinger Straße mit jeweils 110 Blitzern. Nicht-Münchnern sei an dieser Stelle erklärt: Fast alle Straßen der Blitz Top 10 sind zweispurige Aus- und Einfallstraßen, auf denen viel Verkehrsfluss von Berufspendlern stattfindet und man sich gut für Radarkontrollen positionieren kann.
Doch sind diese Verkehrsadern auch Unfallschwerpunkte? Dazu warfen wir erst einmal einen Blick auf die Top 10 der Münchner Unfallstraßen aus den letzten Jahren (2003, 2005, 2007 und 2008). Eine aktuellere Auflistung wollte uns die Polizei nicht zukommen lassen, obwohl sie hier unserer Meinung nach eine Informationspflicht haben. Dort steht die Landsberger Straße mit 380 Unfällen auf Platz 1. Ihr folgt die Dachauer Straße mit 290 Unfällen. Sehr unfallträchtig sind auch die Schleißheimer mit 235, die Fürstenrieder Straße mit 167, die Arnulfstraße mit 147 Unfällen, die Lindwurmstraße mit 131 Unfälle, die Prinzregentenstraße und der Frankfurter Ring mit jeweils mit 104 Unfällen, die Wasserburger Landstraße mit 92 Unfällen sowie die Ingolstädter Straße mit 85 Unfällen.
Wie viele Überschneidungen gibt es in München zwischen TOP-Blitzstraßen und TOP-Unfallstraßen?
Tatsächlich ist die Wasserburger Landstraße auch unter den Top 10 der Unfallstraßen zu finden. Auch die Ingolstädter, die Schleißheimer Straße und die Fürstenrieder Straße (Platz 2 bis 4 der TOP-Blitzstraßen) sind alles unfallträchtige Straßen. Hier scheint man also in der Tat Geschwindigkeitskontrollen zur Sicherheit der Verkehrsteilnehmer durchzuführen. Ab Platz 5 der TOP10 Blitzstraßen jedoch reihen sich breite, gut ausgebaute Straßen aneinander, die wenig unfallträchtig, aber zum Gasgeben sehr verlockend sind. Zudem rüstet München mit sogenannten stationären Geisterblitzern in den Tunnels (Richard Strauß Tunnel, Petuel Tunnel soll folgen und im neuen Tunnel am Luise Kiesselbach Platz ist das auch schon fest geplant) oder „Superblitzern“ an Kreuzungen wie der Moosacher Strasse/Lerchenauer Strasse auf. Infrarot- und Lasertechnologie der Zukunft, die der Autofahrer noch nicht einmal bemerkt.
Fazit: Die mobile Blitzerei in München ist nicht völlig sinnfrei. Die massive Aufrüstung von stationären Blitzern zeigt deutlich: hier geht in erster Linie wieder um wirtschaftliche Interessen.
Die Top-Blitzmeilen & Top-Unfallstraßen für Berlin
In Berlin wird am meisten in der Straße des 17. Juni geblitzt. Hochgerechnet aufs Jahr zählt man dort 300 Radarfallen. Jeweils 220 Blitzer pro Jahr kann man in der Heerstraße und am Spandauer Damm verbuchen. Jeweils 180 Blitzer registriert man in der Clayallee, dem Flakenseer Damm und der Potsdamer Chaussee. An der A115, der Märkischen Allee und der Sonnenallee konnten wir hochgerechnet aufs Jahr 160 Blitzer zählen. Auch hier stellt sich uns die Frage: Sind diese Top 10 der Blitzerstraßen auch Top 10 der Unfallstraßen?
Die Straße mit den meisten Unfällen ist in Berlin der Tempelhofer Damm. Hier wurden 2011 (ein dickes Lob an dieser Stelle der Berliner Polizei, die uns bei der Ermittlung der wichtigsten Daten sehr professionell weitergeholfen hat!) 405 Unfälle gezählt. Die zweitmeisten Unfälle zählt die Potsdamer Straße (351 Unfälle), danach reihen sich folgende Straßen ein: der Mariendorfer Damm (323 Unfälle), der Kurfürstendamm (309 Unfälle), die Landsberger Allee (283 Unfälle), die Frankfurter Allee (281 Unfälle) und die Seestraße (267 Unfälle), die Hauptstraße (263 Unfälle), die Sonnenallee (255 Unfälle) sowie die Müllerstraße (246 Unfälle).
Wie viele Überschneidungen gibt es in Berlin zwischen TOP-Blitzstraßen und TOP-Unfallstraßen?
In Berlin gibt es sage und schreibe nur eine einzige Überschneidung: Die Sonnenallee mit 160 Blitzern rangiert in den Top 10 der Unfallstraßen mit 255 Unfällen auf Platz 9. Ein trauriges Ergebnis.
Fazit: Eine einzige Überschneidung zwischen Top-Blitzstraßen und Top-Unfallstraßen lässt eindeutig zum Schluss kommen, dass Berlin mit seinen mobilen Radarfallen seine Bürger vor allem abkassieren will. Schade!
Das fordert Mobil in Deutschland e.V.!
Die Forderung von Mobil in Deutschland e.V. bleibt: Liebe Polizei, blitzt nur da, wo es eindeutig um die Sicherheit geht. Etwa auf Straßen, wo nachweislich Unfälle passieren oder da, wo gefährdete Personengruppen leben, wie vor Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern oder Altenheimen. Nur so kehrt bei den Bewohnern wieder das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen in die Verkehrspolizei zurück. Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer auf den Straßen hat für Mobil in Deutschland oberste Priorität.
Und noch eine kleine Bitte an die Autofahrer: Fahren Sie dem Tempolimit angepasst, aber petzen Sie jeden Radarkasten den Radiosendern, zeigen Sie sich solidarisch, damit alle Autofahrer an Blitzinformationen gelangen und sich die staatlichen und städtischen Kassen andere Geldgeber suchen müssen.
Deutschland ist ein Blitzerland: Was für München und Berlin gilt, wird wahrscheinlich auch für Hamburg, Köln, Frankfurt, Stuttgart, Dresden, Dortmund und den Rest der Republik gelten. In unserer Verkehrsumfrage 2011 glauben 92% der Befragten, dass es bei Radarkontrollen nicht um Sicherheit geht. 85% der Befragten wollen sogar, dass Radarkontrollen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen gesetzlich unterbunden werden. Wir fordern daher die Politik und den Bundesverkehrsminister auf, hier Rechtssicherheit zu schaffen und Radarkontrollen endlich auf klare gesetzliche Grundlagen zu stellen, die einzig und allein der Verkehrssicherheit dienen dürfen. Wirtschaftliche Belange dürfen dabei absolut keine Rolle spielen.
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