Interview mit CSU-Chef Markus Söder zu Auto, Mobilität, Tempolimit, E-Fuels & Co.
Dr. Markus Söder, Bayerischer Ministerpräsident und Parteivorsitzender der CSU, im Interview mit Dr. Michael Haberland, Präsident des Automobilclubs Mobil in Deutschland e.V. Der CSU-Chef stellt sich in der neuesten Ausgabe des Mobil in Deutschland-Magazins (Ausgabe 01/2023) aktuellen Fragen rund um Mobilität, Auto und Verkehr.
Was war Ihr erstes Auto?
Mein Großvater war Peugeot-Händler. Er hat mir einen in die Jahre gekommenen Peugeot geschenkt, der aber nur einen Sommer gehalten hat. Dann kam ein Audi 80. Das war schon ein ganz besonderes Fahrzeug. Später habe ich mir dann von meinem Ersparten einen BMW 316 in Dunkelblau gekauft. Und sehr cool war auch ein toller Wrangler-Jeep.
Ministerpräsident Franz Josef Strauß hat 1984 gesagt: „Wir dürfen dem Bürger nicht die Freude am Auto nehmen.“ Gilt das auch heute noch für Ministerpräsident Markus Söder?
Selbstverständlich. Wir lassen uns in Bayern generell nicht die Lebensfreude nehmen. Unser Motto ist „Leben und leben lassen“. Die Grünen wollen Verbote für alles: Sie wollen ein Fleischverbot, ein Böllerverbot, ein Autowaschverbot, ein Werbeverbot für Süßigkeiten und sogar ein Luftballonverbot. Dem stellen wir uns entschieden entgegen. Bei uns gilt die Liberalitas Bavariae.
Welchen Stellenwert räumen Sie der Autoindustrie in Bayern ein?
Andere Länder versuchen, mit großen Versprechen und Geldanreizen Gigafactories zu sich zu holen und anzusiedeln. Wir haben schon unsere Gigafactories: Sie heißen BMW, Audi und MAN. Hinzu kommt der gesamte Mittelstand mit den unzähligen Zulieferbetrieben. Dem Auto verdanken wir unseren Wohlstand.
Wie wichtig sind besonders heute die individuelle Mobilität und das Auto?
Die Grünen verkennen die Realität, wenn sie meinen, man könnte jedes Auto durch ein Lastenrad ersetzen. Sie denken nur an die Städte und haben wenig Verständnis für den ländlichen Raum. Mobilität ohne Auto ist dort undenkbar. Klar ist: Wir müssen den ÖPNV weiter ausbauen. Aber auf dem Land sind flächendeckende Busverbindungen im 10-Minuten-Takt nicht möglich.
„WIR HABEN SCHON UNSERE GIGAFACTORIES:
SIE HEISSEN BMW, AUDI UND MAN.“
Klima schützen und der Natur nützen. Ohne Verbote, aber mit Technologieoffenheit und Erfindergeist. Ist das nicht der einzig richtige Weg?
Wir stehen wie kein anderes Land für Innovation und Erfindergeist. Berlin kürzt Forschungsausgaben, Bayern klotzt. So investieren wir beispielsweise ins Forschungszentrum Ingolstadt. Mit dem Mobilitätsknoten für Künstliche Intelligenz wird Spitzenforschung im Bereich autonomes Fahren vorangetrieben. Die Hightech Agenda ist das Herzstück meiner Regierungszeit. Hier entstehen 1.000 neue Professuren, 15.000 neue Studienplätze und rund 20 große neue Forschungseinrichtungen – alles im Bereich Zukunftstechnologien. Bayern investiert in Künstliche Intelligenz mehr als Spanien oder Italien. Und bei Supercomputing-Kapazitäten haben wir den Hightech-Giganten Südkorea hinter uns gelassen. Wir sind sehr gut für die Zukunft gerüstet.
Elektromobilität, E-Fuels und Wasserstoff gelten als die Antriebe der Zukunft. Was meinen Sie?
Hier gilt wie in anderen Bereichen: Wir müssen technologieoffen bleiben. Wir dürfen Fortschritte nicht durch einseitige Festlegungen und Verbote verhindern und damit den USA oder China überlassen.
Was tut Bayern, um diese Technologien voranzubringen?
Bayern ist Spitze bei der Elektro-Ladeinfrastruktur. Wir haben 16.500 Ladepunkte – mehr als jedes andere Land. Und wir bauen das Netz mit voller Kraft weiter aus. Alleine in diesem Jahr haben wir 10 Millionen Euro für die weitere Verdichtung des Netzes bereitgestellt. Mit der E-Fuel-Forschung am Campus Straubing der Technischen Universität München entwickeln wir eine technologische Alternative für Autos und auch für Flugzeuge. Auch beim Thema Wasserstoff ist Bayern Vorreiter: Unser Ziel sind 50 Wasserstoffkraftwerke mit je fünf Megawatt, regional in ganz Bayern verteilt.
Derzeit wird ständig über ein Verbrennerverbot ab 2035 diskutiert. Und seitens der EU beschlossen. Wie stehen Sie dazu?
Das Verbrennerverbot ist ein großer Fehler. Es ist eine rein ideologische und symbolische Entscheidung gegen jede Vernunft. Leider ist die FDP viel zu spät aufgewacht. Es ist unglaubwürdig, wenn sie dem Verbot erst zustimmt und dann im letzten Moment verzweifelt versucht, es aufzuhalten.
„DIE GRÜNEN SIND ZU EINEM
BLACKOUT- UND WOHLSTANDSRISIKO GEWORDEN.“
Die Grünen wollen – wenn überhaupt – reine E-Mobility. Das heißt, es wird massiv mehr Strom benötigt, aber gleichzeitig werden die Kernkraftwerke abschaltet. So kann das doch nie funktionieren, oder?
Die Grünen sind zu einem Blackout- und Wohlstandsrisiko geworden. Wir brauchen eine Verlängerung der Kernkraft bis zum Ende der Krise. Aufgrund des milden Wetters haben wir den zurückliegenden Winter besser überstanden, als allgemein erwartet. Die Experten sind sich aber einig, dass der nächste Winter eine noch größere Herausforderung wird. Deutschland bittet Frankreich um Kernenergie, Katar um Erdgas und die USA um Fracking-Gas, aber daheim soll alles verboten werden. Das ist die Doppelmoral der Grünen.
München sperrt jetzt Dieselfahrer aus – erst einmal Euro 4 und ab Oktober dann auch Euro 5 Diesel. Was halten Sie von solchen Dieselfahrverboten in Städten?
Das Verbot ist unsozial und ungerecht. Ein Normalverdiener, der sich spontan kein neues Auto leisten kann, muss draußen bleiben. Das ist rot-grüne Ideologiepolitik gegen die eigenen Bürgerinnen und Bürger. Es trifft vor allem die Mitte der Gesellschaft.
Für wie sinnvoll halten Sie ein generelles Tempolimit auf unseren Autobahnen?
Wir lehnen ein generelles Tempolimit ab. Eine Studie hat erst vor Kurzem wieder belegt: Es hätte so gut wie keine Auswirkungen auf die CO2-Bilanz. Ohnehin gibt es auf den meisten Strecken schon temporäre oder dauerhafte Beschränkungen. Wo dies nicht notwendig ist, gibt es auch keinen Grund für ein Verbot.
Was sagt „Autofan“ Söder zur IAA 2023 in München?
Mobilität ist Teil der bayerischen DNA. Bayern will Role Model für die ökologische Mobilität werden. Und die IAA ist eine Denkfabrik für die Zukunft der Mobilität. Die IAA und Bayern sind daher ein perfektes Match. Deshalb haben wir als Staatsregierung sie selbst nach München geholt.
„DIE CSU IST DIE
EINZIGE ECHTE AUTOPARTEI.“
Landtagswahlen in Bayern 2023. Warum sollten Autofahrer besonders die CSU und Markus Söder wählen?
Wir sagen ja zum Straßenbau. Wir sagen ja zur Ansiedlung neuer Fabriken wie dem BMW-Batteriewerk in Straßkirchen. Wir sagen ja zum Verbrenner. Wir sind die Nummer 1 bei Elektroladestellen. Und wir lehnen ein Tempolimit auf der Autobahn ab. Bayern ist und bleibt Autoland. Und dazu stehen wir auch ohne Wenn und Aber. Die CSU ist die einzige echte Autopartei.
Wie sieht für Sie die Mobilität der Zukunft in Bayern und Deutschland aus?
Wir stehen zum Auto, das Auto hat Zukunft! Wir wollen den Verkehr durch Innovation klimafreundlicher machen und dabei niemanden in seiner individuellen Bewegung durch Verbote behindern. Mobilität darf durch Verbote nicht zu einem Luxusgut für Wenige werden. Denn Bayern ist ein Freistaat und kein Zwangsstaat. So soll es auch bleiben.
Quelle: Mobil in Deutschland-Magazin, Ausgabe Frühjahr 2023, Interview mit Markus Söder auf Seite 16-17.